Design thinking für Beziehungen
- Nadja Bircher
- 17. Nov. 2018
- 3 Min. Lesezeit
Kennen Sie Design Thinking? Es ist ein Ansatz zur Lösung von Problemen, entwickelt von den beiden Standford-Professoren Bill Burnett & Dave Evans. Lassen Sie uns kurz eintauchen in die Wirtschaftswelt:
1. Person X erkennt ein Problem respektive ein Bedürfnis. Beispiel: auf dem Boden sitzen ist unangenehm, mit der Zeit schmerzt der Hintern.
2. X denkt sich dazu ein Produkt aus. In unserem Beispiel: einen Stuhl.
3. X entwirft ein Design dafür: 3-beinig oder 4-beinig, fix stehend, freischwingend, aus Holz, Plastik, Stoff oder Leder. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt (schauen Sie sich mal einen Stuhl von Nikki de Saint Phalle an).
4. X baut Prototypen. Es wird so lange getüftelt, bis das Ergebnis passt, es die Bedürfnisse des Anwenders/der Anwenderin zufriedenstellt und für ihn oder sie stimmig ist. Prototypen sind wichtig. Denn jedes Mal, wenn etwas nicht funktioniert oder nicht genau passt und man nochmal nachschärft und korrigiert, kommt man der wirklichen Erfüllung des Bedürfnisses näher.
Zurück zum Thema Beziehung:
in Sachen Liebesbeziehung sind wir viel zu oft NachahmungstäterInnen.
Wir leben, was wir bei anderen sehen oder gesehen haben (Vorbilder, Grosseltern, Eltern, Medien). Wir wachsen in eine Beziehung hinein, lassen sie vom Alltag formen und von Ereignissen prägen. Wir konditionieren uns regelrecht in eine starre Beziehung hinein und erschrecken dann, weil lebendige Freude und Leichtigkeit fehlt. Irgendwann ist man an einem Punkt, wo man spürt:
das, was ich hab, will ich gar nicht. Wenn Sie in einer Liebesbeziehung leben, in der Sie nicht mehr glücklich sind, können Sie sich als erwachsener Mensch natürlich dafür entscheiden, die Beziehung zu beenden. Bevor Sie das tun, lohnt es sich, sich eine Frage zu beantworten: wollen Sie diesen bestimmten Menschen wirklich nicht mehr an Ihrer Seite – oder wollen Sie diesen Menschen zwar an Ihrer Seite, aber nicht unter den Bedingungen, wie Sie die Beziehung im Moment leben? Das ist ein ganz entscheidender Unterschied: ist es ein NEIN zum Partner/zur Partnerin oder ein NEIN zu der Ausgestaltung der Beziehung? Denn: Beziehungen können neu gestaltet werden. Und da kann Design Thinking ganz spannende Aspekte ins Spiel bringen. Der Prototyp, den Sie im Moment leben, passt offenbar noch nicht. Denken Sie sich einen neuen aus. Einer, der das Gute mitnimmt und das Nicht-Hilfreiche und Nicht-Stimmige umwandelt, verändert und weiterentwickelt. Grundvoraussetzung dafür ist, dass Sie sich selber kennen. Dass Sie Ihre Bedürfnisse kennen. Sollten Ihnen jetzt Gedanken durch den Kopf gehen wie: das kann ich doch nicht tun! Das wäre egoistisch. Ich kann doch nicht einfach die Beziehung leben, wie sie mir in den Kram passt! Ich kann Sie beruhigen. Fast jeder von uns kennt solche Gedanken. Sinnvoll wäre es, zu prüfen, welche Gedanken davon hilfreich für ein glückliches Leben sind und welche schlicht nur sabotierend wirken. Denn: niemand gibt Ihnen in der heutigen Zeit ernsthaft vor, wie eine Beziehung auszusehen hat. Früher galten klare Regeln, die von der Gesellschaft, der Kultur oder der Kirche vorgegeben wurden. Das gab einerseits soziale und materielle Sicherheit, andererseits gab es klare Schranken.
Heute ist das anders. Heutzutage liegt die Verantwortung ganz allein bei uns – wenn wir sie denn wahrnehmen wollen.
Sie allein bestimmen als erwachsener Mensch, wie Sie leben möchten, mit wem Sie leben möchten.
Wie viel Nähe und Distanz es geben soll in Ihrer Beziehung. Welche Werte Ihnen wichtig sind. Wie viel Freiheit man für sich selber wünscht und bereit ist, sie auch dem anderen zuzugestehen. Welche Rolle Erotik und Sexualität in der Beziehung spielen und wie man mit unterschiedlichen Bedürfnissen umgeht. Wenn wir all diese und noch weitere Aspekte miteinfliessen lassen, hat das mit purem Egoismus oder Leben auf Kosten anderer rein gar nichts mehr zu tun. Es geht vielmehr darum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und ernst zu nehmen und gut für sich selber zu sorgen. Ebenso gut, wie man auch für seine Liebsten sorgt.
Wenn wir mal davon ausgehen, dass es DIE Beziehung nicht gibt, sondern wir die Beziehung leben, die wir mit dem Partner / der Partnerin bewusst gestalten, dann eröffnen sich ganz neue Horizonte. Eine Klientin sagte mir mal im Anschluss an das Beziehungs-Design-Thinking-Coaching:
wenn ich diese Beziehung leben könnte, wäre das die totale Befreiung. Frei von jeglichen stillen Erwartungen und Fesseln. Wir wären zusammen frei.
Wollen wir wirklich etwas anderes als die Beziehung leben, die wir uns von Herzen wünschen? Wissen Sie, was Sie möchten und brauchen? Kennen Sie die Bedürfnisse und Wünsche Ihres Partners / Ihrer Partnerin? Es ist nie zu spät, einen neuen Weg einzuschlagen. Doch Vorsicht: er könnte glücklich machen….

Comments